Die Leseprobe zur neuen Norderney-Serie von Julia Brunjes!

Ist ein Philosophieprofessor Opfer seiner Spielsucht oder einer kurzen Affäre geworden? Die Leseprobe zu „Spielertod auf Norderney“!

Die neue Serie auf Norderney von Julia Brunjes ist da! Im ersten Fall der INSEL Wache geht es auch schon spannend zu. Ein Philosophieprofessor wird ermordet und die einzige Zeugin ist eine Studentin mit der er eine Affäre hatte. Leider kann sie sich nicht an irgendetwas aus der Tatnacht erinnern. Als kleine Leseprobe haben wir den Anfang der Geschichte bereitgestellt. Viel Freude beim lesen!

***

»Ich habe einen Mord begangen!«

Oberkommissarin Annika Broder von der Polizei Norderney war nicht so leicht zu erschüttern. Sie saß an ihrem Schreibtisch in der Inselwache in der Knyphausenstraße und hatte gerade eines ihrer langen blonden Haare von ihrer blauen Uniformbluse entfernt, als eine junge Frau mit diesem Satz auf den Lippen hereingestürmt kam. Natürlich schauten auch Nick Straten und die anderen anwesenden Kollegen die Besucherin an, die diese dramatische Selbstbezichtigung von sich gegeben hatte. Nick runzelte die Stirn; wahrscheinlich betrachtete er die Unbekannte als einen Störenfried, der im Alkohol- oder Drogenrausch Sinnloses von sich gab. Aber Annika hatte während ihrer Jahre im Polizeidienst gelernt, dass man auch die unwahrscheinlichsten Behauptungen überprüfen musste. Die Oberkommissarin beschloss, sich der Frau persönlich anzunehmen. Sie stand auf und deutete auf ihren Besucherstuhl: »Moin, ich bin Oberkommissarin Broder. Nehmen Sie bitte Platz.«

Das tat die Unbekannte, wobei sie Annika einen ungläubigen Blick zuwarf.

»Wollen Sie mich gar nicht verhaften?«

»Eins nach dem anderen«, erwiderte die Oberkommissarin. »Zunächst hätte ich gern Ihren Namen.«

»Ich heiße Mila Eggers.«

Der Vorname passte nach Annikas Meinung gut zu einer Frau Mitte zwanzig. Mila Eggers war ungefähr so groß wie sie selbst, also eins siebzig. Die angebliche Mörderin trug Jeansshorts, weiße Tennisschuhe und ein ärmelloses bauchfreies rotes Top – eine absolut übliche Kleidung an einem warmen Sommertag auf Norderney. Annika war selbst oft ähnlich angezogen, wenn sie nach Feierabend die blaue Montur der niedersächsischen Polizei ablegen konnte. Mila zog unaufgefordert ihren Personalausweis aus ihrer Handtasche und gab ihn der Oberkommissarin. Annika ließ den Namen kurz durch die Datenbanken laufen. Mila Eggers war in Münster wohnhaft. Falls sie wirklich ein Tötungsdelikt begangen hatte, dann war das ihre erste Straftat – oder man hatte sie bisher noch nicht erwischt. Eine Polizeiakte von ihr gab es bisher jedenfalls nicht. Annika gab ihr das Dokument zurück: »Danke, Frau Eggers. – Erzählen Sie mir jetzt bitte möglichst genau, was sich zugetragen hat.«

»Wenn ich das nur wüsste!«, klagte Mila. Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Arthur und ich sind gestern auf Norderney eingetroffen …«

An dieser Stelle hakte Annika ein. »Entschuldigung – von wem ist die Rede?«

»Ach, das hatte ich noch nicht erwähnt … Arthur Meisel, so heißt mein Opfer …«

Während Mila sprach, erhob sich Nick Straten von seinem Bürostuhl und kam zu Annika herüber. Die Oberkommissarin kniff die Augen zusammen. Glaubte ihr Kollege etwa, dass sie mit der Situation nicht allein fertigwerden würde? Dabei verhielt sich die Melderin nicht aggressiv oder aufmüpfig, sie wirkte nur etwas verwirrt. Das lag entweder an dem Restalkohol in ihrem Blut – die »Fahne« konnte man eindeutig riechen – oder daran, dass sie wirklich einen Menschen auf dem Gewissen hatte. Oder an beidem. Nick verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich neben Annikas Schreibtisch an die Wand. Mila blickte zu ihm auf. Die Oberkommissarin konnte sich vorstellen, dass Nick einschüchternd auf die junge Frau wirkte. Sie machte eine knappe Kopfbewegung in seine Richtung: »Das ist Kommissar Straten. Wir arbeiten meist zusammen.«

Mit dem nächsten Satz wandte sie sich an Nick: »Frau Eggers berichtet mir gerade, wie es zu dem Mord kam.«

»Ich verstehe«, gab Nick zurück, wobei er die Worte dehnte. Ein Außenstehender hätte aus seiner Betonung nicht heraushören können, ob er die Besucherin überhaupt ernst nahm oder vielmehr an die Schnapslaune einer Partymaus glaubte. So, wie Annika Nick kannte, war eher Letzteres der Fall.

»Ich weiß gar nicht, was geschehen ist«, murmelte Mila, wobei sie den Kopf senkte, um Blickkontakt mit den Polizisten zu vermeiden.

Der Kommissar hob die Augenbrauen: »Und warum glauben Sie dann, einen Mord begangen zu haben?«

»Weil ich neben der Leiche aufgewacht bin – und sich niemand anders im Ferienhaus befand!«

Diese Antwort ließ Nick für den Moment verstummen.

»Dann erzählen Sie uns doch bitte, woran Sie sich noch erinnern können«, schlug Annika freundlich vor. Noch wusste sie nicht, was sie von der ganzen Sache halten sollte. Aber Milas geschockter Gesichtsausdruck, als sie den Toten erwähnte, kam ihr glaubhaft vor. In welchem Verhältnis hatte sie zu ihm gestanden?

Mila fuhr fort: »Arthur und ich sind mit der Bahn nach Norddeich gefahren und haben die Fähre nach Norderney genommen. Er hatte eine Unterkunft reserviert, und zwar am Birkenweg. Wir stellten unser Gepäck dort ab, danach sind wir zum Essen gegangen – bei Meine Meierei. Später wollte Arthur in die Spielbank. Das ist nichts für mich, ich finde Zocken total langweilig. Also machte ich mich allein auf, um Norderney zu entdecken. Ich bin noch nie zuvor hier gewesen. In einer Strandbar traf ich einige Leute in meinem Alter, wir tranken Cocktails. – Ehrlich gesagt kann ich mich nicht mehr daran erinnern, wie ich ins Bett gekommen bin. Aber als ich vorhin aufwachte, sah ich Arthur – und er lebte nicht mehr.«

»Wie alt war das Opfer eigentlich?«, wollte Nick wissen.

»Warum ist das wichtig?«, lautete die Gegenfrage.

»Der Vorname Arthur klingt für meine Ohren etwas angestaubt«, sagte der Kommissar, »und ab einem gewissen Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, an einer natürlichen Todesursache zu sterben.«

»Das mag ja sein, aber an Arthurs Kehle sind die Würgemale deutlich zu erkennen. Ich muss ihn umgebracht haben, aber ich kann mich nicht daran erinnern!«

Mila presste ihre Fäuste gegen ihre Schläfen – als ob sie dadurch verdrängte Ereignisse aus dem Unterbewusstsein zurückholen könnte. Einen Moment lang sagte niemand etwas, dann fügte sie hinzu: »Arthur war vierundsechzig.«

Annika lag die Frage auf der Zunge, in welchem Verhältnis Mila zu diesem Mann gestanden hatte, der ihr Vater hätte sein können – vielleicht sogar ihr Großvater. Aber zunächst wollte sie sich vergewissern, dass es wirklich einen Toten gegeben hatte. Noch ließ sich nicht ausschließen, dass Mila schlicht und einfach einer Halluzination aufgesessen war.

Wer weiß, was sie sich außer Alkohol noch zu Gemüte geführt hat, dachte die Oberkommissarin. Sie sagte: »Ich schlage vor, dass wir zu dem Ferienhaus fahren. – Kommst du mit, Nick?«

»Natürlich, bei einer Mordermittlung zählt jede Minute«, erwiderte er. Und betonte das Wort so stark, dass sein Zweifel an einer tatsächlichen Straftat deutlich wurde. Annika verkniff sich einen Kommentar. Es wäre unprofessionell gewesen, ihren Kollegen in Gegenwart von Mila herunterzumachen. Aber sie fand schon, dass man die offensichtliche Verzweiflung der jungen Frau für bare Münze nehmen sollte. Außerdem – nicht jeder, der gegen Gesetze verstieß, meldete sich umgehend bei der Polizei. Allein schon deshalb musste man ihrer Meinung nach der Selbstanzeige nachgehen.

Annika und Nick nahmen eines der Einsatzfahrzeuge, die auf dem Hof der Wache parkten. Mila durfte auf dem Rücksitz Platz nehmen. Die kurze Fahrt zum Birkenweg verlief zunächst schweigend, bis Nick eine Frage stellte: »In welcher Strandbar sind Sie eigentlich gewesen?

Es gibt einige auf Norderney.«

»Ich weiß nicht … da waren überall Katzenköpfe mit blinkenden grünen Augen, das fand ich irgendwie gruselig …«

»Also waren Sie im Katzenklub«, stellte Annika fest. »Der Besitzer hat eine Vorliebe für Stubentiger, diese Deko-Elemente gibt es in keiner anderen Norderneyer Bar.«

Wenig später brachte Nick das Auto vor dem Ferienhaus zum Stehen. Es handelte sich um einen Neubau, der erst vor wenigen Jahren fertiggestellt worden war. Weiße Ziegel bildeten einen starken Kontrast zu den schwarz-bläulich schimmernden Dachpfannen. Von der mit einem Strandkorb bestückten Terrasse aus hatte man einen schönen Blick Richtung Dünen. Milas Hand zitterte, als sie die Tür aufschloss. Annika hielt sie zurück: »Lassen Sie uns zuerst hineingehen.«

Es war nicht klar, was sie in dem Haus wirklich erwarten würde.

»Hier ist die Polizei!«, rief die Oberkommissarin laut, während sie in den Flur trat. Es roch nach Sandelholz. Die Wände waren mit großen künstlerischen Fotografien geschmückt, auf denen Strand und Meer zu sehen waren. Links ging es in eine chromblitzende Küche, in der kein Geschirr herumstand. Es sah dort aus wie auf einer Präsentationsfläche eines Möbelhauses. Gleiches galt für das Wohnzimmer, von dem aus man direkt auf die Terrasse gelangen konnte. Nichts deutete darauf hin, dass jemand aktuell das Ferienhaus bewohnte. Auch im Hauswirtschaftsraum hielt sich kein Mensch auf. Die Fenster waren intakt, Einbruchversuche schienen nicht stattgefunden zu haben. Trotzdem hatte Annika ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, als sie die Treppe ins erste Stockwerk hochstieg. Und ihre üble Vorahnung erwies sich als berechtigt, denn im Schlafzimmer lag auf dem zerwühlten Doppelbett ein regungsloser älterer Mann. Er war vollständig bekleidet, mit einer hellgrauen Leinenhose, zweifarbigen Schuhen und einem schwarzen Polohemd. Die Oberkommissarin tastete reflexartig nach seinem Puls, aber dort war nichts mehr zu spüren.

 

 

Klappentext:

»Ich habe einen Mord begangen!« Mit diesen Worten stürmt die junge Studentin Mila in die Inselwache von Norderney. Im Ferienhaus war sie neben der Leiche des Philosophieprofessors Arthur Meisel aufgewacht. Doch hat Mila wirklich den Mann erwürgt, mit dem sie eine Affäre hatte? Für die Kommissare Annika Broder und Nick Straten ist der Fall alles andere als klar. Mila hat keinerlei Erinnerung an die Tatnacht – wurde sie mit K.-o.-Tropfen außer Gefecht gesetzt? Der ermordete Professor war jedenfalls kein gewöhnlicher Akademiker. Offiziell behauptete er, an einer Formel für das Glück zu arbeiten – womöglich nur ein willkommener Vorwand, um abends im Casino die Roulettekugel kreisen zu lassen. Und irgendwie hatte er immer Geld. Hat ihn seine Spielleidenschaft am Ende das Leben gekostet? Die ostfriesischen Ermittler nehmen mehrere Verdächtige ins Visier. Für den Professor ist die letzte Kugel zwar gefallen, doch die Jagd nach dem Mörder hat gerade erst begonnen …

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Viel Freude beim Lesen wünscht

Das Team von www.ostfrieslandkrimi.de