Die spannende Leseprobe zu „Liebesmord auf Langeoog“!

Ein toter Schwimmer in der Brandung – die Leseprobe zum neuesten Julia Brunjes Ostfrieslandkrimi „Liebesmord auf Langeoog“!

 

Der 28. Band der „INSEL Kommissare“-Reihe von Julia Brunjes ist da und wir haben eine kleine Leseprobe vorbereitet. Darin begleiten wir Kommissarin Fenja Bruns bei ihren Yoga-Übungen und den Fund des toten Schwimmers. Viel Spaß!

 

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Fenja Bruns’ hellbraunes Haar, das ihr bis über die Ohren reichte, flatterte heftig im Wind. Die Strähnen fuhren ihr übers Gesicht, kitzelten sie in der Nase und wischten über ihre Augen. Flugsand peitschte um ihre nackten Füße, während sie auf dem Hauptstrand dem Meer entgegenging. Die Frühsommersonne schien prall auf die Insel herab, wärmte die Luft, den Sand und das Meer. Die Böen rissen auch an Fenjas Sportjacke und den Hosenbeinen und pressten den Stoff aus Windrichtung dicht an ihren schlanken, sportlichen Körper. Sie richtete den Trageriemen ihrer Sporttasche und drückte die zusammengerollte Yoga-Matte fest an ihre Hüfte. Dabei überlegte sie, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, an diesem stürmischen Tag den Strand aufzusuchen, um dort ihre Yoga-Übungen zu absolvieren.

Vorhin, nach dem Frühstück, das sie allein in ihrer Wohnung über der Polizeiwache eingenommen hatte, war es der Kommissarin noch überaus reizvoll erschienen, an den Strand und unter Leute zu gehen, um dort ein wenig Körperertüchtigung zu treiben. Es war Samstag und die Wache war geschlossen. Für Notfälle hatte Fenja eine telefonische Weiterleitung auf ihr Handy initiiert; es gab also keinen Grund, ihre Freizeitaktivitäten hintanzustellen. Yoga am Meer entspannte nicht nur und stärkte die Konstitution, es trug auch dazu bei, gesehen zu werden und die Blicke der Strandbesucher auf sich zu lenken. Vielleicht war sogar ein interessanter Mann unter den Schauenden, mit dem sich anbandeln ließe.

Fenja seufzte. Gegen eine aufregende Bekanntschaft hätte sie jetzt nichts einzuwenden gehabt, ganz im Gegenteil.

Fenja musste an ihren Kollegen Jonte Visser denken, der mit seinen kurzen blonden Haaren und seinem athletischen Körperbau eine sympathische, ansehnliche Erscheinung darstellte. Von manchen Urlauberinnen wurde er heftig angeflirtet, aber für Fenja war und blieb Jonte eben nur ein Kollege. Mit ihm etwas anzufangen, wäre ihr niemals in den Sinn gekommen. Ihrem knapp zehn Jahre älteren Ermittlungspartner musste dieses windige Wetter als leidenschaftlicher Windsurfer allerdings sehr gefallen, dachte Fenja, und womöglich war er mit seinem Brett und aufgespanntem Segel sogar gerade beim weiter südlich gelegenen Surf- und Kitestrand unterwegs.

Ein Windstoß traf Fenja so hart, dass ihr Schritt stockte und sie schließlich stehen blieb. Es herrschte auflaufende Flut, und die Wellen überwarfen sich schäumend beim Versuch, den Strand für sich zu erobern. Die Luft schmeckte salzig von der Gischt und war erfüllt vom Brüllen und Tosen des aufgewühlten Meeres. Die Ausläufer der Brandung leckten gierig über den Sand und umfluteten die Füße und Beine der am Spülsaum flanierenden Spaziergänger. Ein paar Unerschrockene tobten juchzend in den Wellen, doch die meisten Strandbesucher beschränkten sich bei diesem rauen Wetter darauf, im Trockenen zu lustwandeln.

Fenja sah über ihre Schulter kurz zum himmelblauen DLRG-Häuschen hinüber, das auf seinen hohen Pfählen thronte. Ein in roter Weste gekleideter junger Mann mit schulterlangem Haar, das wie eine zerrissene Fahne um seinen Kopf flatterte, stand am Geländer und spähte mit einem Fernglas angestrengt den Badebereich ab. Es machte den Mann sichtlich nervös, dass es sich einige Gäste trotz der Beflaggung, die das Baden als gefährlich anzeigte, nicht nehmen ließen, ihren Spaß in der Brandung zu suchen. Eine Gruppe aus sechs Personen tollte in den hohen Wellen, und obwohl die Wogen ihnen ordentlich zusetzten, juchzten und schrien sie ausgelassen.

Fenja konnte über so viel Unvernunft nur den Kopf schütteln. Aber nicht nur das Baden im Meer, sondern auch das Sonnenbaden gestaltete sich an diesem späten Morgen schwierig. Nicht einmal die bestens gesicherten Sonnenschirme, Strandmuscheln oder Zeltwände hätten dem Zerren und Reißen des Windes lange standgehalten, und deshalb suchte man sie hier nun auch vergebens. Die Strandkörbe waren ausnahmslos mit der Rückpartie in den Wind gedreht, was zur Folge hatte, dass die Besucher, die es sich darin gemütlich gemacht hatten, auf die Aussicht aufs Meer verzichten und stattdessen mit der Ansicht der begrünten Dünen vorliebnehmen mussten.

Fenja war drauf und dran, unverrichteter Dinge umzukehren, doch ihre ostfriesische Sturheit machte es ihr schwer einzusehen, warum sie sich von einem rauen Wetterchen von ihren Plänen abhalten lassen sollte.

Also ließ sie ihre Schultertasche zu Boden gleiten und rollte die Yoga-Matte auseinander. Die führte sich im Wind wie ein bockiges Lebewesen auf und flappte auf und nieder und hin und her. Uneinsichtig setzte Fenja einen Fuß auf die Matte und bändigte sie so zumindest ein bisschen. Dann setzte sie ihre Tasche zur Beschwerung vorne auf die Unterlage.

Wegen des Flugsandes, der dicht über den Strand wehte und wie Nadelstiche auf der Haut brannte, würde sie heute wohl nur Übungen im Stehen durchführen können. Aber das erschien ihr immer noch besser, als nach Hause zu gehen. Vielleicht konnte sie ja jemandem mit ihrer Hartnäckigkeit imponieren.

Fenja beugte die Knie und streckte die Arme kerzengerade über dem Kopf aus. Um sich zu sammeln, schloss sie die Augen – und riss sie im nächsten Moment wieder auf, als ein durchdringender Schrei aus Richtung Meer zu ihr herüber schrillte. Es war eindeutig kein Freudenschrei gewesen, sondern einer, der mit großem Schrecken und Entsetzen ausgestoßen worden war!

Unwillkürlich machte Fenja einen Schritt nach vorn und stieß dabei mit dem Zeh gegen ihre Tasche. In Richtung des Schreis loszulaufen, um zu sehen, was los war und ob sie womöglich helfen konnte, war eine rein instinktive Reaktion. Als Fenja spürte, wie ihr die Yoga-Matte nun unter der Fußsohle weggerissen wurde, wirbelte sie herum. Ihr tappender Fuß, mit dem sie die Matte am Boden hatte festnageln wollen, traf allerdings nur auf weichen Sand. Die Yoga-Matte aber segelte munter davon und verschwand kurz darauf zwischen den Strandkörben.

»Egal!«, zischte Fenja, warf sich herum und rannte auf die Brandung zu. Ihre Tasche ließ sie im Sand zurück. Erneut drangen aufgeregte Rufe und panische Schreie zu ihr herüber. Die Gruppe junger Leute, die vorhin noch juchzend in den Wellen herumgetollt hatte, war jetzt in Aufruhr geraten. Zwei Frauen und ein Mann versuchten panikartig an den Strand zu kommen, wurden beim Laufen von der Brandung jedoch immer wieder von den Beinen gerissen, tauchten unter, um gleich darauf prustend aufzutauchen und weiter zu rennen. Zwei Männer und eine Frau standen noch immer in den Fluten. Irgendetwas Dunkles trieb zwischen ihnen in den aufgewühlten Wellen. Sie versuchten es zu greifen, doch die Macht der Wogen entriss es ihnen und schleuderte sie selbst herum.

Fenja erkannte nun, dass das dunkle Ding menschliche Konturen hatte und wie leblos von den Wellen hin und her geworfen wurde.

Ohne Zögern rannte sie in die Brandung hinein. Im Nu war ihre Sportkleidung bis auf die Haut durchnässt. Eine Woge schlug ihren Körper hinauf und ein Schwall Salzwasser ergoss sich von unten über ihr Gesicht.

»Was ist los?!«, rief sie der Frau zu, die sich nur noch wenige Meter vor ihr durch die Wellen auf sie zu kämpfte, während die anderen etliche Schritte zurückgefallen waren.

Die Frau, ein blondes junges Geschöpf mit knappem Bikini, fuchtelte panisch mit den Armen. »Ein Toter!«, schrie sie mit überschnappender, schriller Stimme. »Entsetzlich! Da treibt ein Toter in der Brandung!« Sie schüttelte sich, und eine Welle, die ihr gegen den Rücken klatschte, schleuderte sie nach vorn, direkt auf Fenja zu.

Fenja half der Frau auf die Beine. In ihrem verzerrten Gesicht spiegelten sich Panik und Furcht. Fenja begriff, dass die Frau unter Schock stand. Sie war zu Tode verängstigt. »Laufen Sie weiter«, redete sie begütigend auf sie ein. »Sie haben es ja gleich geschafft.« Sie ließ die Frau los und stemmte sich im Gehen mit weit vornübergebeugtem Körper gegen die Wellen.

»Gehen Sie da bloß nicht hin!«, rief der Mann ihr zu, als sie ihn und seine Begleiterin jetzt passierte. »Das ist total eklig! Der echte Horror!«

Fenja hatte im Laufe ihres Berufslebens als Kommissarin schon einige Leichen gesehen, gewöhnt hatte sie sich an diesen Anblick jedoch nicht. Sie konnte gut nachfühlen, dass die jungen Leute sich vor dem Anblick eines Toten ekelten. Sie stellte es sich extrem unangenehm vor, auf einen Leichnam zu stoßen, während man mit Freunden nichtsahnend und quietschvergnügt in den Wellen tobte.

Plötzlich nahm Fenja neben sich eine Bewegung wahr. Der Rettungsschwimmer, der eben noch mit dem Fernglas am Geländer des DLRG-Turms gestanden hatte, schwamm flink und kraftvoll wie ein Delfin an ihr vorbei auf die drei Leute zu, die etwa zehn Meter vor ihnen im Meer schwammen und aufgeregt riefen.

Fenja verlor nun ebenfalls den Boden unter den Füßen und schwamm mit kräftigen Zügen eine Wellendünung hinauf. Die nasse Kleidung zog an ihr und das Haar klebte ihr am Kopf. Als der Wellenkamm hinter ihr zurückblieb, sah sie den Rettungsschwimmer, der eine Person im Schleppgriff genommen hatte. Es handelte sich um einen Mann mittleren Alters mit kräftiger Statur und blauer Badehose. Sein Kopf war weit in den Nacken gelegt und die Augen starr ins Nichts gerichtet.

»Der ist hinüber!«, rief ihr einer der jungen Männer zu, ein dunkelhaariger, braungebrannter Bursche, der über eine kräftige, wohltönende Stimme verfügte. Gemeinsam mit einem weiteren Mann und einer dunkelhaarigen Frau schwamm er in Fenjas Nähe.

Der Rettungsschwimmer zog mit dem Ertrunkenen an Fenja vorbei. »Gehen Sie alle raus aus dem Wasser!«, rief er gepresst. »Es ist zu gefährlich!«

»Uns ist sowieso die Lust am Baden vergangen!«, rief die Frau zurück.

»Der Verunglückte gehört nicht zu Ihrer Gruppe?«, fragte Fenja, während sie erneut von einer Welle angehoben wurde. Die Reaktion und die Bemerkung der blonden Frau vorhin ließen sie vermuten, dass sie den Toten nicht gekannt hatte.

»Nee!«, rief ihr der Mann mit der kräftigen Stimme über das Tosen der Wellen hinweg zu. »Der Leichnam trieb plötzlich wie aus dem Nichts zwischen uns und hat uns zu Tode erschreckt.«

»Sie sollten nicht so verdammt neugierig sein!«, ließ der andere Schwimmer sich jetzt vernehmen. Er starrte Fenja grimmig an; Wasserperlen schimmerten in seinem akkurat gestutzten Bart. »Mit Klamotten ins Wasser springen, damit Ihnen bloß keine Sensation entgeht!«, rief er abfällig. »Fehlt nur noch, dass Sie jetzt Fotos mit dem Handy machen.«

»Ich bin Polizistin!«, stellte Fenja klar. »Und Sie kommen jetzt bitte alle mit mir zum Strand.«

Fenja wartete eine Antwort nicht ab, sondern drehte sich um und kraulte Richtung Ufer los. Als sie einmal kurz zurückblickte, sah sie, dass die drei ihr folgten.

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Klappentext:


»Da treibt ein Toter in der Brandung!« Trotz steifer Brise beginnt Kommissarin Fenja Bruns ihren Morgen mit Yoga am Strand von Langeoog. Doch die Ruhe endet jäh, als ein entsetzter Schrei vom Wasser herüberschallt: Eine Gruppe junger Leute hat beim Baden eine Leiche entdeckt – ein Mann, der wie aus dem Nichts zwischen ihnen auftauchte. Bei dem Toten handelt es sich um den Insulaner Deddo Storn. Was zunächst wie ein tragischer Badeunfall aussieht, entpuppt sich bald als Mord. Nicht nur war Deddo ein erfahrener Schwimmer, auch die Kampfspuren an seinem Körper sprechen eine deutliche Sprache. Die Inselkommissare tauchen ein in ein Geflecht aus Liebe, Eifersucht und verletzten Gefühlen. Und dann steckt Fenja auf einmal selbst mittendrin. Denn bei einem vielversprechenden Abendessen beginnt ihr charmanter Begleiter plötzlich, nur noch über den Mordfall zu reden …

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Viel Freude beim Lesen wünscht

Das Team von www.ostfrieslandkrimi.de