»Was ist das?« – Leseprobe zu „Die Leiche im Wattenmeer“!

Jan Olsen’s neuer Ostfrieslandkrimi „Die Leiche im Wattenmeer“ bekommt von uns eine kleine Leseprobe spendiert.

 

Ein Toter im Watt, unter Verdacht der Adoptivsohn und die Polizei Greetsiel mit vielen Fragezeichen. Der neue Ostfrieslandkrimi von Jan Olsen weckt allerlei Emotionen beim Leser. Für alle die einmal in den Friesenkrimi reinlesen wollen, haben wir eine Leseprobe bereit gestellt. In diesem kurzen Auszug wird der Fund der Leiche beschrieben. Wir wünschen eine frohe Lesezeit.

 

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»Was ist das?«, fragte sie unvermittelt und beschattete ihre Augen mit der Hand. Angestrengt spähte sie über das Watt, das unter einer Handbreite Wasser lag. In Kürze würde das Gebiet trocken­gelaufen sein und die Möwen nach den Krebsen und Krabben suchen, die es nicht rechtzeitig geschafft hatten, sich in einen Priel zu retten oder sich in den Sand einzugraben.

»Was meinst du?«, erkundigte sich Uwe verwundert. Er ließ den Blick schweifen. Außer einem kleinen Ruderboot, das in der Ferne in einem Seitenpriel dümpelte, konnte er nichts Auffälliges erspähen. Der Mann in dem Boot brachte ein Netz aus. Anscheinend hatte er es auf Butt abgesehen.

Svenja deutete nach Backbord. »Das ist kein Seehund, oder?«, frag­te sie befremdet.

Uwe sah angestrengt in die angegebene Richtung. Das helle Licht der Sommersonne gleißte auf der nassen, wie glasiert erscheinenden Oberfläche des Wattenmeers und erschwerte die Sicht. Der Buckel einer Sandbank hob sich gelblich von der graugleißenden weiten Fläche ab. Darauf lag ein Körper, wie es schien.

»Das ist kein Seehund; das ist ein Mensch!«, erkannte Uwe erschro­cken.

Das Signalhorn der Greete 4 heulte auf und ließ Svenja und Uwe zusammenzucken. Sie drehten sich dem Steuerhaus zu. Ben fuchtelte aufgebracht mit einem Arm. In der Hand hielt er ein Fernglas. Damit deutete er eindringlich zur Sandbank. »Da liegt ein Mann auf dem Sand, und er rührt sich nicht!«, rief er durch das hochgeklappte Fenster.

»Verdammt, was hat das zu bedeuten?«, fragte Svenja beunruhigt.

»Das bedeutet, wir müssen da hin und nachsehen«, erwiderte Uwe.

»Wenn wir die Fahrt jetzt unterbrechen, werden wir es garantiert nicht mehr aufs offene Meer schaffen«, gab Svenja zu bedenken.

Uwe bedachte seine Mutter mit einem nachsichtigen Kopfschütteln. »Eben hast du doch noch von unserer Verantwortung gesprochen«, sagte er milde und zeigte auf die Sandbank. »Jetzt liegt es in unserer Verantwortung, zu diesem Mann zu gehen und nachzusehen, ob er Hilfe braucht.«

Svenja machte den Mund auf, als wollte sie insistieren. Aber da drosselte Ben den Motor bereits. Die Greete 4 verlor an Fahrt, trieb auf das abschüssige Ufer des Priels zu und bohrte sich hinein.

Svenja klammerte sich an eine Seilwinde, um den Stoß abzufangen, und seufzte schicksalsergeben. Jetzt gab es kein Weiterkommen mehr. »Ihr habt ja recht!«, lenkte sie widerstrebend ein.

Ben kletterte aus dem Steuerhaus. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder erklomm er die Reling und sprang von Bord. Unter den Gum­mi­stiefeln der beiden jungen Männer spritzte das Wasser zu den Seiten weg, während sie auf die Sandbank zurannten.

»Der Bursche hat nicht einmal gezuckt, als ich vorhin Signal gege­ben habe«, informierte Ben seinen Bruder.

Uwe zog die Stirn in Falten. »Sicherlich kein gutes Zeichen.«

Sie wateten durch mehrere mit Salzwasser gefüllte Senken, und als sie die Sandbank endlich erreichten, waren ihre Hosenbeine bis zu den Knien nass.

»He, Sie da!«, rief Uwe in seiner unbeschwerten Art, während er die Dünung der Sandbank hinaufeilte. »Sie sollten jetzt besser aufstehen!«

Der Mann reagierte nicht. Ihnen den Rücken zugekehrt, lag er auf der Seite, den Kopf auf dem ausgestreckten Arm gebettet. Der andere Arm ruhte weit nach hinten abgespreizt auf dem nassen Sand. Der Anzug aus brauner feiner Schurwolle klebte klatschnass am Körper, und in dem dichten dunklen Haar hatte sich Seetang verfangen.

In einem Anflug von Fürsorge hielt Ben seinen jüngeren Bruder mit ausgestrecktem Arm davon ab, näher an den Mann heranzutreten. Uwe, der bereits ahnte, was mit dem Liegenden los war, blieb zögernd stehen. Beklommen beobachtete er seinen älteren Bruder, wie er um den wie schlafend Daliegenden herum ging, damit er ihm ins Gesicht sehen konnte.

Wie vom Donner gerührt blieb Ben stehen. Sein sonnengebräunter Teint wurde um einige Nuancen blasser. »Er hat mehrere Stichver­letzungen im Brustbereich«, sagte er rau. Geschockt sah er zu seinem Bruder auf. »Wir kennen ihn. Es ist Pidder Gödden!«

»Der Pidder Gödden, der all die Gästehäuser und Ferienwohnungen in Greetsiel besitzt?«, fragte Uwe beklommen.

»Genau der«, bestätigte Ben. »Und mich sollen die Möwen fressen, wenn er nicht ermordet wurde!«

Uwe schluckte trocken. Er holte sein Handy hervor, steckte es dann aber wieder ein, als er sah, dass er hier draußen im Watt keinen Empfang hatte. »Wir müssen zurück zur Greete und über Funk unse­ren Hafenmeister verständigen«, sagte er.

»Mach du das«, wies Ben seinen Bruder an. »Ich bleibe beim Toten und sorge dafür, dass die Krebse und Möwen ihn in Ruhe lassen.«

Uwe nickte gefasst, drehte sich um und marschierte los. Die Greete 4 hatte bereits leicht Schlagseite bekommen. Der sinkende Pegel des Priels sorgte dafür, dass sich der festgefahrene Kutter seitlich gegen das abfallende Ufer schmiegte. Die Netze hingen an den hochge­klappten Auslegern wie Segel, die in einer Flaute erschlafft waren.

Svenja stand an der Reling und späte mit dem Fernglas zu ihren Söhnen herüber. Sie hatte Pidder Gödden gut gekannt, war mit ihm regelrecht befreundet gewesen. Der Gedanke, ihr jetzt von seinem gewaltsamen Tod berichten zu müssen, schnürte Uwe die Kehle zu. Einmal mehr würde sie das Ableben eines lieben Menschen verkraf­ten müssen. Uwe hoffte, ihr diesen Schmerz mit seiner unbe­schwerten, fröhlichen Art ein wenig erträglicher machen zu können, so wie es ihm nach dem Tod seines Vaters vor drei Jahren auch gelungen war.

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Klappentext:

 

»Das ist kein Seehund, das ist ein Mensch!« Auf einer Sandbank im Wattenmeer entdeckt die Besatzung eines Krabbenkutters die Leiche von Pidder Gödden. Die Stichverletzungen am Körper des Greetsieler Ferienanlagen-Besitzers sprechen eine klare Sprache: Es war Mord. Ins Visier der Greetsieler Polizisten Ruth Fasan und Hagen Reese gerät Pidders Adoptivsohn, dessen Fischerboot zur Tatzeit in unmittelbarer Nähe gesehen wurde. Doch auch die seltsam kühle Reaktion der Tochter des Opfers wirft Fragen auf. Geht es um dunkle Familiengeheimnisse, oder kommt der Täter doch von außerhalb? Kommissarin Ruth Fasan wird bald klar, dass dieser Mordfall offenbar einiges an Fingerspitzengefühl erfordert …

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Eine Übersicht über die Reihenfolge der Bücher finden Sie hier.

Mehr über die Serie können Sie im Steckbrief erfahren.

Viel Freude beim Lesen wünscht

Das Team von www.ostfrieslandkrimi.de