Die Leseprobe zum Ostfrieslandkrimi „Schwarzes Treibgut“!

Einen kleinen Einblick in den neuen Ostfrieslandkrimi „Schwarzes Treibgut“ von Hans-Rainer Riekers gewünscht? Dann schnell in unsere Leseprobe reinschauen!

»Deine Unpünktlichkeit wird uns eines Tages noch den Kopf kosten!« Hank Kröger kochte vor Wut. Wieder einmal kam Lasse, sein Jungmatrose, erst eine Viertelstunde nach dem geplanten Auslauftermin an Bord des Kutters. Die anderen Fischer hatten den Hafen bereits verlassen und befanden sich schon auf dem Weg in die Fanggründe. »Nun schwing deinen fetten Schwabbelbauch an Bord und mach endlich die Leinen los!« Die Kritik an Lasses Leibesumfang wirkte aus Krögers Mund unangemessen, denn sein Bauch stellte den seines Matrosen weit in den Schatten.

Schon lange hätte Kröger sich von Lasse getrennt, aber die beiden waren eine Schicksalsgemeinschaft eingegangen, die trotz der gegenseitigen Ablehnung nicht mehr aufzulösen war. Hank Kröger rieb sich das Kinn, denn die mächtige Platzwunde, die frisch genäht war und durch ein Pflaster nur unvollkommen bedeckt wurde, spannte und juckte. Die anderen Blessuren, blaue Flecken und Einblutungen am ganzen Körper, verdeckte die Kleidung, doch Schmerzen bereiteten sie ihm mindestens genauso viel. Eine Veranlassung, mit seinem Matrosen darüber zu sprechen, sah er nicht.

Endlich waren die Leinen gelöst, und der Kutter schob sich langsam aus dem Hafen von Neuharlingersiel, durchquerte den Fährhafen schneller, als es erlaubt war, und strebte entlang des Leitdamms dem Wattenmeer entgegen. So versuchte er, den Zeitverlust wieder aufzufangen, denn die Swinnbalje, ein sich im Watt zwischen Spiekeroog und dem Festland gen Osten schlängelnder Priel, konnte er mit seinem Kutter nur in einem gewissen Zeitkorridor während des Hochwassers befahren. »Wegen deiner Trödelei lohnt es sich kaum noch, die Netze auszubringen!«

Lasse Cordsen schien das alles nicht zu interessieren. »Was soll die blöde Fischerei denn noch? Das sind doch im Vergleich zu unserem anderen Job nur Peanuts!«

Hank Kröger glaubte, nicht richtig zu hören. »Du hast es wohl noch nicht kapiert? Ich glaube nicht, dass wir noch eine zweite Chance bekommen, nachdem wir beim letzten Mal versagt haben. Das haben wir dir zu verdanken!« Wieder strich er sich über seine Wunde. »Und das hier ebenfalls. Schade, dass sie dich nicht auch erwischt haben!«

»Hör auf zu jammern! Sie sind auf uns angewiesen. Wer soll denn sonst für sie die Kohlen aus dem Feuer holen?« Lasse scherte sich einen Dreck um das Gerede des Kapitäns, ging demonstrativ lustlos ans Heck des Kutters und begann, mit seinem Handy herumzuspielen.

Die schmale Fahrrinne neben dem Leitdamm war inzwischen passiert, und der Kutter nahm noch mehr Fahrt auf. Der Wind war am Abend eingeschlafen und die See glatt wie ein Ententeich. Nur vorne, am Bug, bildete sich eine weiß phosphoreszierende Schaumwelle, die sich ausbreitete und dann in der Dunkelheit verschwand. Zwanzig Minuten ging es in einem leichten Bogen Richtung Spiekeroog, dann nahm Kröger Fahrt heraus und starrte konzentriert auf das Echolot. Die grüne Zackenlinie vor seinem Auge flirrte hin und her, dann sackte sie nach unten ab. Kröger legte das Ruder hart auf Steuerbord und der Kutter bog in die Swinnbalje gen Osten ab. »Wir sind richtig! Sieh gefälligst zu, dass die Netze rauskommen!«

Erneut provozierte Lasse den Kapitän mit offen zur Schau gestellter Unlust. Über eine Minute brauchte er, um den Blick vom Handy zu nehmen und endlich seiner Pflicht nachzukommen. Bisher hatte Hank Kröger nur den altersschwachen Scheinwerfer oberhalb des Kajütdachs eingeschaltet und dadurch das Arbeitsdeck mit einem gelblichen Funzellicht überzogen. Rundum blieb es schwarze Nacht, und außer den beleuchteten Seezeichen waren am Festland und auf den Inseln nur wenige Lichter zu sehen. Zu dieser Zeit schliefen die meisten Menschen, und Hank Kröger beneidete sie darum. Jetzt, wo er auf die sechzig zuging, spürte er immer deutlicher, dass die Fischerei ein harter Job war.

Lasse hantierte inzwischen an den Kurren herum, um gleich die Netze auszubringen. Also wurde es für den Kapitän Zeit, für ordentliche Beleuchtung zu sorgen. Der Kutter, mit dem Hank Kröger sein Brot verdienen musste, war fast genauso alt wie er selbst. Sein Großvater hatte ihn noch bauen lassen, und die Technik konnte mit den modernen Fischereifahrzeugen nicht mithalten. Vor einigen Jahren hatte Kröger deshalb tief in die Tasche greifen müssen, um moderne Halogenstrahler anbringen zu lassen, die über ein eigenes, benzinbetriebenes Stromaggregat mit Energie versorgt wurden. Eine andere Möglichkeit gab es nicht, denn die uralte Bordelektrik des Kutters wäre unter der Belastung moderner Scheinwerfer in die Knie gegangen.

»Nu mach hinne, ich seh nix!« Lasse brüllte es laut in Richtung Steuerhaus, und Hank Kröger griff an das Armaturenbrett. Dort befand sich der rote Startknopf für das Aggregat. Er konnte nicht ahnen, dass er mit dem Druck auf diesen Knopf seines und das Leben seines Jungmatrosen beendete. Das gleißende, kalkweiße Licht, das den Kutter für einen Sekundenbruchteil aus dem Dunkel der Nacht herausriss, nahm er kaum noch wahr, denn das Licht wurde plötzlich durch einen vielfach helleren Blitz überlagert. Eine glühende Feuerwand sprang ihn an und versengte sein Gesicht. Mit dem nächsten Atemzug sog er das Feuer ein und brach sofort tot zusammen.

Lasse blieb nur eine Sekunde länger, um zu verstehen, was gerade geschah. Dann traf ihn eine von der Explosion in die Luft geschleuderte Bohle aus Eichenholz an der Brust und riss ihn über Bord. Eine Chance, die nahe Insel schwimmend zu erreichen, wurde ihm nicht gewährt, denn eines der mit ihm über Bord geschleuderten Fischernetze schlang sich um seinen Körper und zog ihn auf den Grund des Priels.

Es gab eine Menge Menschen, die den Knall hörten, der sich zwei Stunden vor Sonnenaufgang in Schallgeschwindigkeit über das ruhig daliegende Wattenmeer ausbreitete. Sie alle waren das, was die Polizei später »Knallzeugen« nannte. Sie hatten nur etwas gehört, Augenzeugen jedoch gab es nicht, nicht einen einzigen.

Wenn es ihn gegeben hätte, würde er berichtet haben, dass sich unmittelbar nach einer heftigen Detonation ein Feuerball über dem Wasser bildete, der schon nach wenigen Sekunden wieder in sich zusammenfiel. Zwar wurden brennende Holzplanken und Schiffsgerät, das auf dem Oberdeck herumlag, weggeschleudert, doch das Meer verschlang alles sofort und löschte die Flammen. Das, was vom Kutter noch übrig blieb, sank auf den Boden des Priels, und nur das Dach des Steuerhauses, Teile der Baumkurren und ein Mast waren noch zu sehen.

Die rund um den Unglücksort gelegenen Polizeistationen des Festlandes waren nachts ebenso unbesetzt wie die auf den Inseln. So liefen die vielen Notrufe besorgter Menschen, die 110 wählten, allesamt in der Leeraner Funkzentrale der Polizei auf. Doch so sehr sich die Beamten auch bemühten, die Ursache der Detonation zu ergründen, konnte niemand zu diesem Zeitpunkt sagen, was in der Nacht eigentlich passiert war.

Der Klappentext zum Ostfrieslandkrimi:

Ostfrieslandkrimi Schwarzes TreibgutTatort Nordsee: Schwarzes Treibgut mit brisantem Inhalt sorgt für Unruhe in Ostfriesland! Mitten in der Nacht hören die Einwohner von Neuharlingersiel einen lauten Knall. Am folgenden Tag wird der Krabbenkutter Auriga fast völlig zerstört in einem Priel entdeckt! Die Kommissare Grote und Lessing von der Kripo Aurich übernehmen die Ermittlungen. Handelt es sich um ein tragisches Unglück? Doch in Verbindung mit dem Tod des Obdachlosen Dirk Willing ergeben sich neue Verdachtsmomente. Dieser wurde am Tag zuvor zusammengeschlagen aufgefunden und hatte noch versucht, den Namen eines Schiffes auszusprechen, bevor er starb. Hatte er etwa verdächtige Vorgänge im Hafen beobachtet und musste deshalb sterben? Als dann schwarze Pakete am Strand der Vogelinsel Minsener Oog aufgefunden werden, erhält der Fall eine ganz neue Brisanz. Schließlich wird die Leiche einer weiteren Person gefunden, die in die kriminellen Aktivitäten der toten Krabbenfischer verstrickt war. Jetzt läuft die Zeit, denn der skrupellose Mörder verfolgt weiter seine perfiden Pläne…

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Viel Freude beim Lesen wünscht

Das Team von www.ostfrieslandkrimi.de