Die spannende Leseprobe zu „Tödlicher Irrglaube in Ostfriesland“!

Eine neue Leseprobe zum Elke Nansen Ostfrieslandkrimi „Tödlicher Irrglaube in Ostfriesland“ für alle Krimi-Fans!

 

Im neuestem Ostfrieslandkrimi von Elke Nansen muss die Kripo Emden eine vermisste Person finden. Alle Spuren führen zu einem Künstlerkollektiv in Marienhafe. Handelt es sich hierbei um einen möglichen Kult? In dieser Leseprobe erzählt Opa Knuts Lebensgefährtin Anette vom Verschwinden des Studenten. Viel Spaß!

 

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»Es geht um den Patensohn meiner liebsten Freundin«, fuhr Anette fort, und Rike entspannte sich erst in dem Moment. Faber schmunzelte und schüttelte ganz leicht den Kopf in Rikes Rich­tung, was sie mit einer Schnute quittierte.»Ihr seid Polizisten und ich würde gerne eure Meinung hören«, meinte Anette jetzt selbstbewusster, als hätte sie endlich Mut gefasst, über ihr Anliegen zu reden. »Natürlich, erzähl nur, wir hören uns das gerne an«, bestärkte Faber sie fortzufahren.

Anette nickte und holte tief Luft. »Wisst ihr, Christian, Christian Färenfell, ist ein sehr sensibler Junge. Er ist das über alles geliebte Patenkind meiner Herzensfreundin und ich kenne ihn ebenfalls seit seiner Geburt. Der Wunsch seines Vaters war, dass er in dessen Fußstapfen tritt und einmal das erfolgreiche Architekten­büro in Soltau übernimmt. Doch der Junge brach das Studium der Architektur nach drei Semestern lustlos ab. Wer weiß, was aus ihm geworden wäre, wenn Ursula, seine Patentante, nicht inter­veniert hätte. Sie wusste von Anfang an, dass Christians Traum ein richtiges Kunststudium war. Er liebt nun einmal die Malerei.

Ursula hält ihn für sehr talentiert. Rüdiger, Christians Vater, gab klein bei. Er stellte nur die Bedingung, dass Christian an der reno­m­mierten Kunsthochschule in Leipzig angenommen wird. In dem Fall würde er das Studium auch finanzieren. Ihr müsst wissen, neben Berlin, Düsseldorf und München ist die Hochschule in Leipzig eine der Topuniversitäten, um Kunst zu studieren. Chris­tians Vater rechnete damit, dass sein Junge jetzt erst einmal ein Jahr an einer Künstlermappe arbeiten müsse, damit er sich bewer­ben konnte. In einem Jahr konnte viel passieren, dachte Rü­di­ger wohl. Doch da kannte er seinen Sohn schlecht. Die Mappe war innerhalb einer Stunde zusammengestellt, aus all den Zeich­nungen, Kollagen und Lithografien, die Christian sein ganzes Leben lang angefertigt hatte.«

»Und er wurde mit Kusshand genommen«, sagte Knut, der die Geschichte natürlich schon kannte. »Die Hochschule hielt ihn für enorm talentiert und er bekam sofort einen Studienplatz«, führte Opa weiter aus und nickte Anette zu. Währenddessen bediente sich Philipp an seinem vierten Stück Kuchen und Faber goss allen noch einmal Kaffee und Tee nach. »Alles lief sehr gut für den Jungen, bis er im letzten Semester kurz vor seinem Diplom die Uni verließ, sein gesamtes Konto leer räumte und in eine Art Künstlerkolonie zog. Das ist etwa ein Jahr her. Allein Ursula hatte ihm dreißigtausend Euro für ein Atelier überwiesen, das er sich nach dem Diplom in Leipzig einrichten wollte. Und Rüdiger berichtete uns, dass der Junge weitere Erspar­­nisse in Höhe von ungefähr siebzigtausend Euro hatte.«

Anette atmete frustriert aus. »Seinen Eltern schrieb er, dass er die Erfüllung seines Lebens gefunden hätte und mit dem spirituellen Führer und der Gemeinschaft aus Malern, Bildhauern und geisti­gen Gelehrten leben wolle. Natürlich ließ Rüdiger das nicht auf sich sitzen und fuhr dort hin, zu dieser sogenannten Künstler­kolonie. Man ließ ihn nicht auf das Gelände und behauptete, Christian wolle ihn nicht sehen. Rüdiger kann sehr massiv sein, er drohte mit der Polizei, wenn er seinen Sohn nicht sehen könne. So erlaubte man Christian, ans Tor zu kommen. Der Junge war schmal geworden und wirkte wie ein Fremder. Sein Vater konnte ihn weder überzeugen mitzukommen noch sein Studium wieder aufzunehmen. Rüdiger regte sich furchtbar auf, redete davon, dass der Junge regelrecht besessen war von diesen Leuten.

Nachdem man uns ebenfalls nicht in die Kolonie ließ, um Christian zu sehen, haben wir entschieden, einen Privat­detek­tiv anzustellen. Es kostete uns zwar ein bisschen, doch weder Ursula noch ich wur­den arm dadurch.«Opa nickte. »Zeig ihnen mal die Fotos«, forderte er sie auf.Anette kramte in ihrer Handtasche, die über dem Stuhl hing. Sie holte einen A5-Briefumschlag heraus und zog einen Stapel Foto­gra­fien hervor. Das erste Foto war ein Porträtbild eines jungen hübschen Mannes. Er lächelte breit und glücklich in die Kamera.

Seine dunklen Locken fielen ihm verwegen in die Stirn und es machte den Eindruck, er wolle die ganze Welt umarmen. Jeder am Tisch sah sich das Porträt an. »Das war sein Bewerbungsfoto für Leipzig. Er schwebte damals auf Wolke sieben.« Dann reichte sie ein paar Fotos herum, auf denen Christian neben einigen richtig guten Gemälden stand und stolz in die Kamera blickte.»Sind das seine Werke?«, fragte Silvia, die sich mit Kunst recht gut auskannte.»Ja«, erwiderte Anette. »Schon während der ersten Semester holte er Preise und Auszeichnungen mit seinen Werken.«

»Meine Güte, der Junge ist wirklich begabt. Aus ihm kann mal ein ganz großer Maler werden«, sagte Philipps Frau verzückt und betrachtete die anderen Fotos.»Begabt ist er sicher immer noch«, meinte Anette. »Aber wenn ihr die wenigen Fotos seht, die der Privatdetektiv damals gemacht hat, kann man sich nicht vorstellen, dass er überhaupt noch einen Pinsel halten kann«, sagte sie traurig und reichte anschließend einen weiteren Stapel Bilder an Faber weiter.»Gotts verdori«, fluchte er laut und Fia und Maximilian blickten erstaunt auf. Fia hörte ihren Papa sonst nie laut werden und schien über seinen Tonfall etwas erschrocken. Sogleich wurde sich Faber dessen bewusst und lachte die beiden Babys an, die dann wieder zufrieden Duplos durch die Gegend schmissen, um ihnen hinterherzukrabbeln.

Als Faber den Stapel durchgesehen hatte und an Rike weitergab, verstand sie seine Reaktion sofort. Auf den Bildern, die definitiv mit einem Weitwinkelobjektiv geschos­sen worden waren, sah man einen bis auf die Knochen abge­mager­ten jungen Mann. Er trug ein cremefarbenes Leinenhemd und eine lockere Baumwollhose in Purpur, das man auch als Dunkel­violett bezeichnen konnte. Von dem glücklichen, gesun­den jungen Mann, der Christian einmal gewesen war, gab es auf dem Foto nichts mehr zu sehen. Auf einem anderen Foto sah man noch weitere junge Leute. Auch sie trugen die gleichen hellen Leinenhemden und Hosen oder lange Röcke in demselben Violett­­ton.

»Weißt du, was mit ihm passiert ist?«, fragte Silvia, die Dinge eher nüchtern betrachtete. Anette schüttelte den Kopf. »Nein, der Privatdetektiv bekam ihn bloß ein paar Mal vor die Linse. Er fand zwar eine Menge über diesen Gabriel raus, aber nichts weiter über Christian.«Faber stand nachdenklich auf und ging zum Wohnzimmer­schrank. Als er an den spielenden Babys vorbeikam, bückte er sich und drückte seiner Tochter einen Kuss auf ihre Apfelbäck­chen. Anschließend kitzelte er Maximilian, bis der sich quiekend vor Freude rumkugelte. Am Wohnzimmerschrank angekommen, öffnete er die Schranktür und griff nach der Flasche Armagnac. Er hatte den 1978er Bas-Armagnac Vaghi des Hauses Baron de Sigognac von Rike zum Geburtstag bekommen. Normalerweise erlaubte er sich sehr selten und dann nur mit Knut mal ein Gläs­chen. Doch irgendwie war ihm das Schicksal des jungen Mannes an die Nieren gegangen und er wollte sich ein Glas gönnen.

»Ist das der Sigognac, den du da anbietest?«, fragte Schorlau mit glänzenden Augen, und Opas Miene erhellte sich in dem Moment ebenso.»Ausnahmsweise tu ich das. Nach den Fotos brauche ich eine Stärkung. Wer möchte noch einen?«, erkundigte er sich. Anette gesellte sich zu den drei Männern, auch sie brauchte einen Schluck, um das Thema weiter diskutieren zu können. Rike und Sylvia passten. Philipp ließ es sich nicht nehmen, die großen Cognacschwenker mit heißem Dampf aus der Kaffeemaschine zu erwärmen, und übernahm es, ihnen ein Glas des edlen Getränks zu kredenzen.

Anette trank einen zweiten Schluck und meinte: »An der Kunst­hochschule in Leipzig sorgte der Professor, dieser Herr Green, ebenfalls für Aufruhr. Man entzog ihm die Gastprofessur. An­schei­nend gab es dort die gleichen Gerüchte wie in den Staaten, dass er mit verschiedenen Studentinnen Verhältnisse hatte. Außer­­dem verließen genau wie Christian auch andere Studenten plötzlich die Uni und schlossen sich seiner Künstlerkolonie an. Und dann vor ein paar Monaten zog der ganze Clan von Leipzig hierher nach Ostfriesland. Green hatte wohl bereits vor zwei Jah­ren eine alte Kartoffelfarm in der Nähe von Marienhafe im Brook­mer­land, genau gesagt in der Samtgemeinde Brookmerland, gekauft. Er ließ dort ein enormes Künstler-Resort bauen, das rechtzeitig für den Umzug fertig war. Die Künstlerkolonie mit all ihren Mitgliedern ist gerade mal achtzehn Kilometer von hier entfernt«, meinte sie empört.»Umso besser«, erwiderte Faber gelassen. »Dann besorg uns doch bitte den Bericht deines Privatdetektivs. Wir schauen uns die Sache morgen erst einmal ganz in Ruhe an.«

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Der Klappentext zum Ostfrieslandkrimi

 

»Sie war dabei, als Gabriel seine Flügel zeigte, und meinte, das war ziemlich gruselig!«

Als ein junger Mann aus dem Umfeld von Opa Knuts Lebensgefährtin verschwindet, wird die Kripo Emden hellhörig. Der Kunststudent Christian Färenfell hatte sich einer geheimnisvollen Künstlerkolonie namens Angelus Artifex angeschlossen und danach jeden Kontakt zu seiner Familie abgebrochen. Die Kolonie, angeführt vom charismatischen Gabriel Green, hat sich auf einem abgeschotteten Gelände nahe Marienhafe niedergelassen. Besorgniserregende Fotos, die ein Privatdetektiv vor einiger Zeit geschossen hatte, zeigen Christian völlig ausgezehrt und kaum wiederzuerkennen. Inzwischen fehlt von ihm sogar jede Spur.  Was verbirgt sich hinter den verschlossenen Toren von Angelus Artifex? Eine harmlose spirituelle Künstlergemeinschaft oder ein gefährlicher Kult? Glaubt der Anführer Gabriel Green tatsächlich an die Rückkehr von Engeln oder ist er ein skrupelloser Manipulator? Die Kommissare Richard Faber und Rike Waatstedt stoßen auf ein Netz aus Fanatismus und dunklen Geheimnissen. Und schon bald geht es in diesem brisanten Fall um Leben und Tod …

Der Ostfrieslandkrimi »Tödlicher Irrglaube in Ostfriesland« ist als E-Book und Taschenbuch bei den bekannten Anbietern erhältlich wie:

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