Große Leseprobe zu „Juister Harfe“!

Sina Jorritsma’s neuer Ostfrieslandkrimi ist da und wir haben eine kleine Leseprobe, um die Neugier zu wecken!

Auf Juist gibt es einen neuen Fall für Kommissarin Antje Fedder und ihrem Kollegen Roland Witte. Diesmal wird an einem bekannten Juister Wahrzeichen ein Musiker tot aufgefunden, doch niemand scheint ihn zu vermissen. Es stellt sich heraus, dass Lennart Lehmann gar keine so weiße Weste hatte, wie man glaubte. In dieser Leseprobe suchen unsere beiden Kommissare das Zimmer des Opfers in der Pension Ritter auf. Viel Spaß!

 

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Auf dem Weg zur Pension Ritter erzählte Antje ihrem Kollegen von den Vorstrafen des Mordopfers und dem Telefonat mit Major Lehmann.

»Dieser Mann könnte sicher nicht den Titel Vater des Jahres gewinnen«, meinte Roland, »aber auch Lennart ist gewiss kein Unschuldslamm gewesen. Er ist seit einigen Jahren volljährig und hatte es selbst in der Hand, was er aus seinem Leben macht. Zumindest gibt es zwei Straftaten, von denen wir wissen. Vielleicht hat er aber noch weitere Delikte auf dem Kerbholz und ist bloß einfach nicht öfter erwischt worden.«

»Wir müssen unbedingt seine Finanzen checken«, erinnerte Antje, »denn Lennart muss ja von irgendetwas gelebt haben.

Die Pension Ritter befand sich auf der Deichstraße, unweit von der Ecke Alter Deichweg. Das fast hundert Jahre alte Backsteingebäude war von einer Ligusterhecke umfriedet. An einem Fahnenmast auf dem kleinen gepflasterten Vorplatz wehte die Juister Flagge: silbrige Wellenlinien im blauen Feld, drei gelbe Dünen und zwei sechsstrahlige Sporenräder. Der Frühstücksraum befand sich in einem Wintergarten. Dort duftete es zwar nach gebratenen Eiern, Tee und Kaffee – doch Gäste hatten sich noch nicht eingefunden, obwohl die Tische bereits gedeckt waren und alle Frühstückszutaten bereitstanden, vom gemischten Aufschnitt und Käse über Marmelade und Müsli bis zu frischem Obst. Die Pensionswirtin Birte Ritter war bereits auf den Beinen, sie hatte offenbar alles vorbereitet. Die füllige Mittfünfzigerin mit der blütenweißen Schürze begrüßte die Inselpolizisten mit einem freundlichen Lächeln: »Moin, ihr beiden! Schön, dass ihr euch auch mal wieder hier sehen lasst. Hoffentlich hat es bei dem Konzert gestern keinen Ärger mit meinen Gästen gegeben.«

»Wie kommst du darauf, dass es so sein könnte?«, wollte Antje wissen.

»Gestern gab es beim Frühstück Streit«, berichtete die Pensionswirtin. »Zwei von den jungen Musikern haben sich gegenseitig angeschrien und üble Beleidigungen an den Kopf geworfen. Ich bin sofort dazwischengegangen und habe klargemacht, dass sie sich benehmen müssen. Andernfalls hätte ich sie an die frische Luft gesetzt. Gestern war noch ein älteres Ehepaar hier, die allerdings inzwischen abgereist sind – also nicht wegen dieser Rabauken, sondern weil es ohnehin ihr letzter Tag auf der Insel war. Aber die Musiker sollen sich nicht einbilden, dass sie sich danebenbenehmen können, nur weil die Gemeinde Juist ihnen den Aufenthalt bezahlt.«

»Konntest du mitkriegen, wer diese Störenfriede waren?«, fragte Roland, der genau wie seine Kollegin mit Birte Ritter seit Jahren per Du war.

»Lennart Lehmann und Keno Poppinga«, lautete die Antwort. »Sie bewohnen Zimmer 6 und 11. Ich habe sie gewarnt: Noch so eine Ruhestörung, und sie sind raus. Daraufhin haben die beiden klein beigegeben. Wahrscheinlich hatten sie keine Lust, in den Dünen zu übernachten. Die Insel ist momentan nämlich so gut wie ausgebucht.«

»Lennart Lehmann ist tot«, erklärte Antje, »und deshalb müssen wir sein Zimmer durchsuchen. Wir haben den Schlüssel bei seiner Leiche gefunden.«

Sie zeigte das Beweisstück, Birte Ritter erschrak sichtlich: »Das ist ja … hat Keno ihn getötet?«

»Das wissen wir noch nicht, die Ermittlungen haben gerade erst begonnen. – Horchen deine Gäste noch an ihren Matratzen?«, antwortete die Kommissarin. Birte Ritter zuckte mit den Schultern: »Noch hat sich keiner von ihnen hier blicken lassen. Die Frühstückszeit endet in meiner Pension um elf Uhr, da werde ich auch für die jungen Herrschaften keine Ausnahme machen.«

Antje schaute auf die Uhr. Es war kurz nach neun.

»Etwas Zeit haben sie ja noch«, stellte die Kommissarin fest, »und du hast wirklich momentan keine anderen Gäste?«

»Nee, aber ab übermorgen bin ich wieder ausgebucht. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die Musiker heute abreisen. Ich brauche etwas Zeit, um alle Zimmer auf Vordermann zu bringen.«

Offenbar führte Birte Ritter ihren Beherbergungsbetrieb als Ein-Frau-Unternehmen. In früheren Jahren hatte sie während der Saison eine Aushilfe eingestellt, aber es wurde zunehmend schwieriger, Personal zu bekommen. Die Pensionswirtin führte die Inselpolizisten nun ins erste Stockwerk, wo sich das Zimmer 11 befand. Antje schloss auf: »Bleib bitte draußen, Birte.«

Frau Ritter machte nämlich Anstalten, gleich hinter der Kommissarin hineingehen zu wollen. Ihr war die Neugier anzusehen, aber sie fügte sich. In dem Zimmer roch es nach dem Herrenduft einer gängigen Kosmetikmarke. Da Lennart einen Vollbart hatte, war Rasieren für ihn kein vorrangiges Thema gewesen; das hatte ihn aber nicht daran gehindert, das Eau de Toilette reichlich zu benutzen. In der kleinen Nasszelle stand eine Flasche des Produkts. Sie war unverschlossen, daher roch es intensiv nach dem Kosmetikum. Antje runzelte die Stirn: »Würdest du deine Rasierwasserflasche nach Gebrauch nicht wieder zudrehen, Roland?«

»Nee, dafür ist das Zeug zu teuer. Der Duft verfliegt doch, wenn man es offen herumstehen lässt. Entweder ist Lennart allgemein vergesslich gewesen – oder er war ganz besonders in Eile.«

»Und wann war er zuletzt auf seinem Zimmer?«, dachte Antje laut nach. Dann kehrte sie zu der Pensionswirtin auf den Flur zurück.

»Werden die Zimmer täglich gereinigt, Birte?«

»Selbstverständlich werden sie das. Allerdings hat dieser Gast darauf bestanden, dass in seinem Zimmer nicht sauber gemacht werden sollte – bis er abreiste. Ich habe mich darauf eingelassen, weil ich keine Lust auf Diskussionen hatte. Außerdem zahlt ja wie gesagt die Gemeinde für die Zimmer, und ich wollte es mir mit Silke Meester nicht verscherzen.«

Die Bürgermeisterin war eigentlich keine Furie, die den Einheimischen ihren Willen aufzwang. Im Gegenteil: Sie bemühte sich stets, für alle Bewohner des »Töwerlands« das Beste zu tun. Dies merkten die Menschen natürlich, und deshalb wurde die parteilose Amtsträgerin immer wiedergewählt. Antje ging auf den letzten Satz nicht ein. Stattdessen fragte sie sich, warum Lennart so reagiert hatte. Bewahrte er in seinem Zimmer etwas auf, das kein Außenstehender zu sehen bekommen sollte?

»Wann hast du Lennart Lehmann zum letzten Mal gesehen?«, wollte Antje von der Pensionswirtin wissen.

»Das war gestern nach dem Frühstück. Ich habe ihm und Keno Poppinga eine klare Ansage gemacht, danach hat er sich verdrückt. Es kann sein, dass er noch einmal hierhergekommen ist, um seinen Gitarrenkoffer zu holen – aber er ist mir nicht noch einmal über den Weg gelaufen. Meine Gäste können ja kommen und gehen, wie es ihnen beliebt. Der Zimmerschlüssel passt auch für die Haustür.«

Während die Kommissarin mit Birte Ritter sprach, machte Roland mit der Durchsuchung des Zimmers weiter.

»Antje, ich habe etwas gefunden!«

Die Pensionswirtin machte einen langen Hals. Sie wollte offenbar auch erfahren, was er entdeckt hatte. Antje ging wieder ins Zimmer, das einfach eingerichtet war und nur über die nötigsten Möbel verfügte. Die Pension Ritter gehörte zu den günstigeren Übernachtungsmöglichkeiten auf Juist. Der Kommissar kniete neben dem Kleiderschrank. Er fuhr mit seiner behandschuhten Rechten in den Spalt zwischen Mauer und Rückwand.

»Dieses Tütchen war mit Klebeband dort befestigt«, sagte er leise zu seiner Kollegin. Roland hielt einen kleinen Klarsichtbeutel in der Hand. Darin befanden sich Pillen, ungefähr zwei Dutzend Stück. Dem ersten Anschein nach stammten sie nicht aus einer Pharmaziefabrik, sondern aus einem illegalen Drogenlabor.

»Wenn mir das Zeug gehörte, würde ich auch nicht wollen, dass es entdeckt wird«, gab Antje mit ebenso gedämpfter Lautstärke zurück. Roland nickte. Er tat den Fund in einen Beweismittelbeutel. Gemeinsam setzten die beiden ihre Durchsuchung fort, fanden aber keine weiteren verdächtigen Gegenstände. Der Gitarrenkoffer fehlte. Entweder hatte Lennart ihn wirklich zu einem anderen Zeitpunkt geholt – oder er war von jemand anderem beiseite geschafft worden. Ob dieser Gegenstand auch als mobiles Drogendepot diente? Antje ging jedenfalls davon aus, dass es sich bei den sorgfältig versteckten Pillen nicht um Kopfschmerztabletten handelte. Nachdem die Ermittler den Raum gründlich überprüft hatten, schloss Antje wieder von außen ab. Roland klebte ein polizeiliches Siegel an die Tür.

 

 

Klappentext:

»Antje, da liegt ein gefesselter Toter bei der Windharfe!«

Bei dem Mordopfer, das an dem bekannten Wahrzeichen der Insel Juist zurückgelassen wurde, handelt es sich um den Musiker Lennart Lehmann. Bereits am Tag zuvor war er bei einem Strandkonzert überraschend nicht aufgetaucht. Die Kommissare Antje Fedder und Roland Witte nehmen zunächst die übrigen Musiker in den Fokus, denn diese hatten ihren Kollegen nicht als vermisst gemeldet. Wussten sie bereits, dass er tot war? Schnell wird deutlich, dass es an Spannungen unter ihnen nicht fehlt: Neid, Eifersucht und enttäuschte Liebe sind starke Motive für einen Mord. Zudem war Lennart in dunkle Machenschaften verwickelt und wurde nicht umsonst von Insidern »Pillenpapst« genannt. Als dann auch noch seine Stiefmutter auf dem Töwerland auftaucht und ihren Ex-Freund des Mordes beschuldigt, nimmt der Fall eine neue Wendung. Denn der Mann befindet sich tatsächlich auf der Insel …

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Eine Übersicht über die Reihenfolge der Bücher finden Sie hier.

Mehr über die Kommissare Witte und Fedder können Sie im Steckbrief erfahren.

Das Team von Ostfrieslandkrimi.de wünscht viel Spaß beim Lesen!